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Wie sieht der Ökolandbau in Deutschland aus?
Die ökologische Produktion ist in Kasachstan und in Deutschland einer Schwerpunkt in der Landwirtschaft. Während unser Land jedoch ganz am Anfang dieses Weges steht, ist Deutschland mit einem Markt von 10 Milliarden Euro pro Jahr einer der Weltmarktführer in diesem Sektor.
Um sich mit den deutschen Erfahrungen vertraut zu machen, organisierte das APD-Projekt eine Fachinformationsfahrt für Vertreter des NUK "Atameken" und der Union der Bio-Produzenten nach Bayern. Das Programm der Reise beinhaltete den Besuch der weltweit größten Ausstellung für Bio-Lebensmittel "Biofach-2019", eines Bio-Bauernhofs und einer landwirtschaftlichen Fachhochschule.
Vorteile des Standortes
Ein Teilnehmer der Ausstellung "Biofach-2019", Dr. Martin Bon, sagte, dass er vor zweiundzwanzig Jahren die Firma Freiland Puten gründete, heute ein bedeutender Anbieter von Bio-Hühner- und Putenfleisch. Die Produktion begann mit 200 Vögeln. Jetzt werden 1 Million Hühner und 250.000 Truthähne gezüchtet. Das Unternehmen hat einen vollständigen Zyklus, von der Futterproduktion bis zum Verkauf, um so die Reinheit der Bioproduktionskette zu garantieren. Der Preis für Biofleisch ist hoch, da viele Anforderungen für die Haltung und Fütterung von Tieren erfüllt werden müssen, ein Kilo Hühnchen kostet 10 Euro, ein Kilo Putenfilet 25 Euro.
„Wir sind seit zwanzig Jahren je nach den Bedürfnissen des Marktes um 5 bis 10 Prozent gewachsen“, sagte Martin Bon. „Wir beliefern sowohl Einzelhandelsketten als auch Verarbeiter. Neben den EU-Ländern wird auch in die Vereinigten Arabischen Emirate exportiert.“
Zu den Käufern von Fleisch von Freiland Puten gehört auch Hipp, ein Unternehmen, welches auf die Herstellung von Bio-Babynahrung spezialisiert ist. Diese waren auch Aussteller auf der Biofach. Der Chef des Unternehmens, Stefan Hipp, sagte, dass die Produkte des Unternehmens, nach der Abwertung der Währung, auf dem eurasischen Markt nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Daraufhin wurde beschlossen, ein Produktionswerk in Kaliningrad zu eröffnen, durch dessen Inbetriebnahme die Kosten gesenkt werden konnten. Es gibt jedoch noch Raum für weitere Senkungen. Schließlich importiert das Unternehmen noch Rohstoffe für die Produktion aus der Europäischen Union.
„Es wäre sehr interessant für uns, den Bedarf an Bio-Produkten mit Rohstoffen aus Kasachstan zu decken.“ sagte Stefan Hipp. „Der Wechselkursunterschied in der Währung unserer Länder ist groß, was ökologisch produzierte Rohstoffe von Kasachstan attraktiv macht. Wenn wir lokale Rohstoffe verwenden könnten, könnten wir die Kosten weiter senken. Neben Getreide und Ölsaaten interessieren wir uns vor allem für Obst und Gemüse. Wenn die Qualität den Anforderungen entspricht, könnten wir Weizen und Raps von 20 bis 30 Tausend Tonnen pro Jahr einkaufen. Im letzten Jahr haben wir 350 bis 400 Euro für eine Tonne Bio-Weizen bezahlt.“
400 Euro pro Hektar
Der Landwirt Hermann Zeller leitet in Bayern die regionale Vereinigung der Bio-Milcherzeuger, zu der sechs Dutzend Bauernhöfe gehören. Der Verein löst aktuelle Probleme. So legt dieser beispielsweise den Verkaufspreis von Milch alle zwei bis drei Monate fest und sucht nach Käufern, um stabile Umsätze zu erzielen.
Ein eigener Bauernhof von Hermann Zeller und seiner Frau Tanya Zeller befindet sich in der Stadt Ipsheim. Wie die meisten Biobetriebe vereint die Zeller-Farm die Vieh- und Pflanzenproduktion, um die Bodenfruchtbarkeit durch Dung zu verbessern.
„Unser Klima ist warm.“ sagte Hermann Zeller. „Aber der Boden ist schwer, lehmig. Wir bauen also das Gemüse an, das über dem Boden wächst und nicht im Boden. Das heißt, wir beschäftigen uns nicht mit Kartoffeln. Unsere Spezialitäten sind Zucchini und Kürbisse.“
Der Hof verfügt über 90 Hektar Land. Davon sind 50 Hektar Ackerland und 40 Hektar Weiden und Wiesen für Heu. Alle Bereiche sind Bio zertifiziert und die meisten Nachbarn sind ebenfalls Bio-Produzenten. Das hat zum Vorteil, dass niemand in der Nähe Agrachemie einsetzt und so keine Gefahr einer versehentlichen Kontamination der Ernte besteht.
Die Fruchtfolge auf dem Ackerland umfasst Luzerne, das als Futter für Kühe dient. Danach wird Weizen und Sommergerste angebaut, welche aufgrund des geringeren Proteingehalts für die Bierherstellung geeignet ist. Wintergerste dient als Tierfutter und Erbsen und Triticale sind auch Teil der Fruchtfolge.
Gemüse wird auf 5 Hektar angebaut, 2 Hektar Zucchini und 3 Hektar Kürbisse. Wobei der Betrieb 15 Kürbissorten anbaut. Das Gemüse geht in ein großes Vertriebsnetz, welches sich auf den Verkauf von Bio-Produkten in Deutschland und den Nachbarländern Österreich und Dänemark spezialisiert hat. Die Händler nehmen die Ernte zweimal pro Woche ab.
Im vergangenen Jahr belief sich die Lieferung von Gemüse vom Hof auf 100 Tonnen. Der Preis für Bioprodukte ist 50% höher als für konventionelles Gemüse. Wenn also ein konventioneller Kürbis 0,8 Euro pro Kilogramm kostet, ist der Biokürbis 0,4 Euro teurer. Gleichzeitig ist der Ertrag im Bioanbau im Vergleich zum konventionellen Anbau um 20 Prozent niedriger. Gespart werden jedoch die Ausgaben eines konventionellen Betriebes für Agrarchemie.
Die Milch wird vom gleichen Handelsnetz abgenommen. Der Hof hat insgesammt 50 Fleckviehrinder. Von diesen sind die Hälfte Milchkühe und der Rest Aufzucht. Jede Milchkuh gibt durchschnittlich 7.000 kg Milch pro Jahr, mit einem Fettgehalt von 4,2%. Der Preis für Bio-Milch beträgt 0,48 Euro pro Liter, doppelt so hoch wie der konventionelle Preis. 4 bis 6 Wochen alte Bullen werden für die weitere Aufzucht an eine Bio-Fleischhof verkauft.
Eine Anforderungen an die ökologische Tierhaltung ist der Weideauslauf im Sommer. Außerdem dürfen auf einem Bio-Bauernhof auch keine Gifte gegen Ratten und Mäuse verwendet werden, hier helfen die Eulen, die auf dem Dachboden leben.
In der Nähe des Hauses haben die Landwirte ein kleines Solarkraftwerk gebaut, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen gehört durchaus zur Philosophie des ökologischen Landbaus. Die Solarpaneele erzeugen jährlich 2.000 Kilowatt Energie und sorgen für gute Nebeneinnahmen.
Darüber hinaus gibt es in Bayern eine staatliche Unterstützung für Landwirte und insbesondere für Biolandwirte. Jeder Hektar traditionelles Ackerland wird mit einem Satz von rund 190 Euro pro Jahr gefördert, ökologisch bewirtschaftet Ackerland noch mal mit 230 Euro pro Hektar. So erhalten Bio-Bauernhöfe mehr als 400 Euro pro Hektar im Jahr an Fördermittel. Diese Mittel ermöglichen es Herrn Zeller, die Zertifizierung in Höhe von 3300 Euro zu bezahlen, die jährlich stattfindet. Was das Zertifizierungsverfahren selbst anbelangt, wird alles geprüft, von den Buchhaltungsunterlagen und der Einkaufsliste bis hin zur Einhaltung des Tierschutzes.
Mehr Platz für Tiere
Die Familie Zeller hat drei Söhne. Einer von ihnen, plant seine Ausbildung nach der Schule an einer landwirtschaftlichen Universität fortzusetzen und auf dem Familienbetrieb zu arbeiten. Zu den größten Fachhochschulen mit einer ökologischen Spezialisierung in Deutschland gehört die Fachhochschule Weihenstephan-Triesdorf.
Prof. Wilhelm Pflanz ist auf die ökologische Geflügelhaltung spezialisiert. Er sprach über die Philosophie dieses Ansatzes und bezog sich auch auf die Lebensbedingungen der Tiere, welche so nah wie möglich an denen in der Natur sein sollen. Von hier kommt die zwingende Forderung nach freiem Auslauf für die Tiere. Für verschiedene landwirtschaftliche Nutztiere werden bestimmte Größen des Auslaufs vorgeschrieben, die größer sind als in der traditionellen Vieh- und Geflügelhaltung und das Tierwohl zu verbessern sollen.
Eine der aktuellen Entwicklungen des Wissenschaftlers, an der er mit Studenten zusammenarbeitet, ist die Züchtung von Hähnchen für Fleisch und Eierproduktion. In der traditionellen Legehennenzucht werden männliche Vögel nach dem Schlupf getötet, da sie wenig Fleisch produzieren. Die Aufgabe der Biowissenschaftler ist es eine Rasse zu entwickeln, bei der die Hähne fleischiger werden und deren Nutzung für die Mast wirtschaftlich gerechtfertigt wäre.
Bei den Studierenden stellt Prof. Wilhelm Pflanz das wachsende Interesse an der ökologischen Ausrichtung fest. Jetzt entscheidet sich etwa ein Drittel der Studierenden dafür. Eine Erklärung dafür ist der Jahr für Jahr wachsende Markt und die dementsprechende Nachfrage für Experten in diesem Bereich.
Ein Memorandum zur Zusammenarbeit der Fachhochschule Weihenstephan-Triesdorf wurde kürzlich mit der Kasachischen Agrotechnischen Universität unterzeichnet, sagte S. Seifullin. Mit dem Wachstum des Bio-Sektors in Kasachstan wird es auch hier eine Nachfrage nach entsprechenden Fachleuten geben.
Sergey Buyanov
Forbes Kz
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