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Mit Bio können Landwirte die Gewinne um 50% steigern

Die Entwicklung des ökologischen Landbaus wird es Kasachstan ermöglichen, den agrarindustriellen Bereich zu diversifizieren und die Industrie besser gegen Preisschwankungen der Weltmärkte zu schützen. Das Landwirtschaftsministerium in Deutschland, das BMEL unterstützt unser Land in dieser Hinsicht durch das Gemeinschaftsprojekt "Deutsch-Kasachischer Agrarpolitischer Dialog". Letzte Woche organisierte die deutsche Seite, für Vertreter des NUK Atameken und der Union der Bio-Produzenten, den Besuch zur weltweit größte Ausstellung für ökologische Lebensmittel, Biofach 2019, in Nürnberg.

Ein Ergebnis des Besuches der Ausstellung „Biofach-2019“ war der Beitritt der Union für Bio-Produzenten Kasachstans zur IFOAM, dem Internationalen Verband der ökologischen Landwirtschaftsbewegung, der seit 1972 tätig ist und etwa 800 Organisationen in über 100 Ländern der Welt vereint. IFOAMs Aufgabe ist es, Bio-Produzenten zu informieren und zu beraten.

Der "Deutsch-Kasachische agrarpolitische Dialog" ist ein Gemeinschaftsprojekt der Landwirtschaftsministerien von Kasachstan und Deutschland, dessen operativer Partner in Kasachstan das nationale agrarwissenschaftliche Ausbildungszentrum ist. Ziel ist es, die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit in den Agrarsektoren zwischen Deutschland und Kasachstan auszubauen. Aktuelle Themen werden gemeinsam von den landwirtschaftlichen Abteilungen der beiden Länder festgelegt. Eines der wichtigsten Themen zurzeit ist die aktive Unterstützung bei der Bildung einer nationalen Zertifizierungsstelle für den Ökolandbau in Kasachstan.

„Der ökologische Landbau sei für Deutschland von großem Interesse.“ erklärte Stefan Höbner, Abteilungsleiter Osteuropa, Zentral- und Ostasien des Bundesministeriums für Landwirtschaft. „Unser Ziel ist es, den heimischen Markt und den Export zu fördern“, so Stefan Höbner. „In Sachen Bio ist Kasachstan für uns ein Partnerland. Dort gibt es gute Voraussetzungen für die Entwicklung in diese Richtung. Nun besteht die Hauptaufgabe darin, die Grundlage für Ausbildung, Zertifizierung und Forschung des Sektors zu legen. Letztes Jahr fand das Treffen unseres Parlamentssekretärs, Herrn Stübgen, mit dem kasachischen Landwirtschaftsminister, Herrn Shukeyev, statt, bei dem auch die Frage nach dem Potenzial der Entwicklung und der Bedeutung der ökologischen Produktion angesprochen wurde. Heute liegt Deutschland beim Export von Bioprodukten an dritter Stelle und ist auch ein großer Importeur. Das heißt, wir leben auf Kosten des Handels, auf Kosten des Austausches. Daher ist Kasachstan mit seinen Fähigkeiten ein wichtiger strategischer Partner für uns.“

Die Union der Bio-Produzenten wurde im Herbst 2018 mit der Unterstützung des NUK Atameken in Kasachstan gegründet, um eine Roadmap für die Entwicklung dieser Richtung zu entwickeln und um Feedback von Herstellern und Händlern zu erhalten, die bereits in diesem Bereich tätig sind. „Die Vorteile für Landwirte, die auf Bio-Produkte umstellen, sind die guten Preise für die Produkte.“ sagte Verbandsdirektor Arsen Kerimbekov, der auch das Kompetenzzentrum des NUK Atameken leitet. „Der Bio-Markt wächst ständig, alle neuen Länder beginnen, Bioprodukte zu kaufen. Zum Beispiel war China vor einigen Jahren noch ein Zulieferer und nun beginnt es, riesige Mengen an Bio-Rohstoffe anzusaugen, die Inlandsnachfrage manifestierte sich dort. Und für uns ist das, angesichts der geografischen Nähe, eine große Chance. Wenn unsere Bioprodukte nach EU-Standards zertifiziert sind, werden nicht nur die Türen für den Export nach Europa geöffnet, sondern auch der Handel nach China, in den Iran und die arabischen Länder einfacher.“

Laut der Aussagen von Arsen Kerimbekov besteht die Aufgabe der Union darin, eine elektronische Plattform zu schaffen, die den kasachischen Herstellern helfen wird, ihre Produkte für den Export anzubieten. Der Transport ist ein weiteres wichtiges Thema. Kasachstan liegt tief im Inneren des asiatischen Kontinents, weit entfernt von Seehäfen. Deshalb braucht das Land eine spezielle LKW- und Wagenflotte. Im Jahr 2017 konnten Händler ihre Ware in Lkws nach Europa senden, die im Gegenzug Waren aus Europa für die Expo nach Astana brachten. Aber im Jahr 2018 gab es keine solche Möglichkeit, wodurch es zu Schwierigkeiten in der Logistik heimischer Waren kam. Dieses Problem soll auf Regierungsebene angegangen werden.

Derzeit sind rund 300 Tausend Hektar kasachischer Ackerflächen für Bio-Produkte zertifiziert. Das sind etwa 1,5 Prozent der Gesamtfläche. Experten sehen ein Wachstumspotenzial auf bis zu 3 Millionen Hektar. Es gibt keine objektiven Schwierigkeiten, das Land in Kasachstan ist sauber, da der Einsatz der Agrarchemie immer sparsam betrieben wurde. Es gibt jedoch andere Herausforderungen, wie das Fehlen einer nationalen Zertifizierungsstelle. In diesem Zusammenhang müssen Zertifizierer aus Ländern wie der Türkei, Ukraine und Litauen eingeladen werden. Das ist teuer und nicht alle Landwirte können sich das leisten. Die Erstellung eines eigenen Zertifizierers sowie die Eröffnung eines in der EU akkreditierten Labors sind die wichtigsten Aufgaben für Atameken und das Landwirtschaftsministerium der Republik Kasachstan.

„Wir sind rechtzeitig zur ökologischen Produktion gekommen.“ sagte Yerbol Yesenyev, Direktor der Abteilung für Agro-Industrie-Komplex und Lebensmittelindustrie des NUK Atameken. „Das ist ein neuer Standard, eine neue Ebene, welcher heutige Qualitätsprodukte entsprechen müssen. Jeder wird gewinnen: der Verbraucher, der die höhere Qualität erhält und der Hersteller, der einen angemessenen Preis für die Qualität erzielen kann. Die Bedingungen zur Anerkennung von Ackerland, für den Anbau von Bio-Rohstoffen, werden in Kasachstan gering sein, da wir die Agrarchemie nie stark genutzt haben. Zwei Jahre ist der Zeitraum, in dem die Landwirte ihre Fläche auf Bio umstellen und der Staat wird die notwendige Infrastruktur vorbereiten. Die Hauptsache ist, dass alle 180.000 Landwirte in diesem Sektor arbeiten können, darunter sind Viehzüchter, sowie Pflanzenzüchter. Für uns ist das wichtig, weil das Prinzip bekannt ist: Ein reicher Bauer ist ein reiches Land.“

Desweiteren kann der Kooperationsgedanke seine Stärken im ökologischen Landbau zeigen. Landwirte können sich zusammenschließen, um große Flächen auf einmal zertifizieren zu lassen und gemeinsames Marketing zu betreiben. Ein Beispiel für eine solche Arbeit ist das Unternehmen Dikanshi aus der Region Nordkasachstan, welches im vergangenen Jahr das zwanzigjährige Jubiläum im Bereich der traditionellen Landwirtschaft feierte. Sein Direktor Dmitry Pampur sagte, dass die Bio-Produktion vor etwa zehn Jahren ins Unternehmens eingegliedert wurde. Jetzt hilft das Unternehmen dabei, eine Reihe von landwirtschaftlichen Betrieben in der Region Nordkasachstan zu zertifizieren, das Getreide anzubauen und zu exportieren.

„Im Laufe der Jahre haben wir durch unserer Erfahrung gesehen, dass es gefährlich ist, sich auf eine Sache zu verlassen“ sagte Dmitry Pampur. „Es gibt viele unvorhersehbare Faktoren, die das Angebot und die Nachfrage beeinflussen. Plötzlich betreten neue Länder den Markt und verändern dessen Struktur, oder es gibt neue Verbote. Wir sehen jedes Jahr, wie etwas „schießt“, aber im Gegenzug versagt auch etwas. Sie müssen für diese Veränderungen bereit sein. In den ersten fünf Jahren haben wir nur Flachs gepflanzt und an nichts anderes gedacht. Wir hatten große Einkäufer, die uns jedes Jahr fragten: „Warum gibt es so wenige Bio-Erzeuger?“ In den letzten zwei Jahren ist die Anzahl der Bio-Flachsproduzenten jedoch gestiegen. Wir konnten unsere Ernte letztes Jahr  nicht verkaufen, das konnten wir erst kürzlich machen. Vorher war es nicht leicht Bio-Weizen zu verkaufen, letztes Jahr stieg die Nachfrage jedoch.“

Auch im Bio-Bereich tätig ist die Firma "KOAT" aus Astana. Ihr Direktor Sayat Shortan sagt, dass das Interesse der Landwirte für den ökologischen Anbau schnell wächst. Viele haben jedoch Angst vor dem Zertifizierungsprozess selbst, daher übernimmt das Unternehmen die Papierarbeit. Ein Beispiel für ein solches Projekt ist die Naydorovskiy  GmbH in der Karaganda-Region, welche nun einen Teil ihrer Flächen auf Bio umstellt. Darüber hinaus übernimmt "KOAT" den Verkauf der angebauten Bioprodukten.

„Wir garantieren allen Landwirten, die sich für die Umstellung auf Bio entscheiden, den Kauf der gesamten Ernte.“ sagte Sayat Shortan. „Wir können das, weil wir in Holland einen Partner haben, der bereit ist große Lieferungen abzunehmen. Letztes Jahr hatten wir mehrere Verkäufer aus den Regionen Akmola und Kostanay. Grundsätzlich wurden Getreide und Ölsaaten geliefert. Die Verträge wurden über Erzeugnisse von 8,5 Tsd. Tonnen abgeschlossen. Die Bauern sind interessiert, weil die Preise für Bio-Weizen im Durchschnitt um 30% höher liegen als bei konventionellen Weizen. Ich bin sicher, dass die Menge der ökologischen Produktion in Kasachstan zunehmen wird. Unsere Bedingungen gehören zu den besten der Welt!“

Der Leiter des Deutsch-Kasachischen agrarpolitischen Dialogs, Jörg Dinkelaker, ist der Meinung, dass bald Fachgeschäfte in Kasachstan eröffnen werden, in dem die Bio-Produkte der kasachischen Produzenten angeboten werden. Für ausländische Investoren, die das Land besuchen, ist es ebenfalls wichtig, das Potenzial dieses Bereichs und die Investitionsmöglichkeiten zu erkennen. Es ist auch wichtig, den Menschen in Kasachstan selbst zu zeigen, dass Bio-Produkte erschwinglich sind.

Was die Produktion von ökologischen Tierprodukten angeht, so engagiert sich in Kasachstan noch niemand in diese Richtung. In der Tat ist das meiste kasachische Fleisch aufgrund der traditionellen Bedingungen bereits "umweltfreundlich". Und das eröffnet gute Exportchancen, auch bei den Lieferungen nach Europa.

„In Kasachstan weiden die meisten Tiere frei.“ sagte Jörg Dinkelaker. „Das ist genau das in Europa anerkannte Verfahren für Tierwohl. Immerhin sind Tiere glücklich, die im Freien leben. Daher hat Kasachstan eine gute Gelegenheit, Fleisch in die EU zu exportieren. Darüber hinaus besteht nicht nur Nachfrage nach Rindfleisch, sondern auch nach Lammfleisch. Um mit der Auslieferung zu beginnen, muss im Wesentlichen nur eines getan werden, die Zertifizierung der Schlachthäuser gemäß den Anforderungen der Europäischen Union. Wenn dies geschehen ist, werden auch andere aussichtsreiche Märkte für Kasachstan wie der Iran, die arabische Länder und China dieser Zertifizierung vertrauen.“

Gleichzeitig ist es, wie Jörg Dinkelaker feststellte, ein „reifes Lamm“, das in Deutschland und anderen europäischen Ländern geschätzt wird. Das Beste ist das Schlachten von Schafen, die nicht jünger als 8 Monate sind. Für Rindfleisch braucht man auch erwachsene Tiere, kastrierte Bullen, die nicht jünger als 2,5 Jahre sind. „Ja, die Haltungskosten über diese Zeit sind hoch, aber wenn wir über freies Weiden sprechen, ist es nicht viel teurer, und auch die Preise in der EU sind sehr interessant. Der Standardtierkörper mit einem Gewicht von etwa 330 kg erzielt um die 2,5 bis 3 Tausend Euro. Außerdem ist es für die Lieferanten günstiger und rentabler, die ausgewachsenen Tierkörper zu versenden.“

„Es ist wichtig, dass die Tiere in der letzten Schlachtphase richtig gefüttert werden“, betonte Jörg Dinkelaker. „In Deutschland kommt der Hauptteil des Rindfleisches von Milchviehtieren. Die Fleischrassen sind also besonders gefragt, vorausgesetzt, die Tiere bekommen die richtige Endmast, dank der das Fleisch die gewünschten Qualität erhält.“

Inzwischen bereitet sich die Viehzuchtfirma „Batys Markaly“ aus West-Kasachstan darauf vor, Lammfleisch nach Europa zu exportieren. Hier werden die Schafe das ganze Jahr über auf der Weide gehalten, möglich durch die Nähe zum Kaspischen Meeres und dem warmen Mikroklima dort. Eine moderne, mit europäischer Ausrüstung ausgestattete, Schlachtstation wurde bereits gebaut. Die Lieferung in den Iran und nach Malaysia ist bereits im Gange und Deutschland ist auch ein Ziel. Der diversifizierte Vertrieb sichert die geschäftliche Nachhaltigkeit des Unternehmens.

Sergey Buyanov

Forbes.Kz

Quelle:

http://kazakh-zerno.kz/novosti/agrarnye-novosti-kazakhstana/252405-organika-pozvolit-fermeram-uvelichit-pribyl-v-dva-raza

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